Syphilis: mehr als nur ein historisches Relikt

Syphilis, auch bekannt als Lues oder harter Schanker, ist eine durch das Bakterium Treponema pallidum verursachte, sexuell übertragbare Infektion. Zwar ist sie seit der flächendeckenden Einführung von Penicillin im 20. Jahrhundert seltener geworden, doch die Zahlen steigen seit den 1990er Jahren wieder kontinuierlich an. Im Jahr 2022 wurden dem Robert Koch-Institut bereits 8.305 neue Syphilis-Fälle gemeldet – der höchste Wert seit Beginn der Meldepflicht – mit einer bundesweiten Inzidenz von 10,0 Fällen pro 100.000 Einwohner. Dies stellt einen Anstieg um 23,1 % gegenüber 2021 dar. Erfahren Sie hier mehr über die Geschlechtskrankheit.

Was ist Syphilis?

Syphilis ist eine chronische Infektionskrankheit, die unbehandelt in mehreren Stadien verläuft. Verursacht wird sie von einer spiralförmigen Bakterienart (Treponema pallidum subspecies pallidum), die ausschließlich von Mensch zu Mensch übertragen wird. Über Schleimhaut- oder Hautkontakte – vor allem beim vaginalen, analen oder oralen Geschlechtsverkehr – dringt der Erreger in den Körper ein. Ebenfalls möglich ist die diaplazentare Übertragung von einer infizierten Mutter auf ihr ungeborenes Kind.

Häufigkeit und Alter der Erkrankten

Die Syphilis-Epidemie ist geografisch besonders in Ballungsräumen ausgeprägt, vor allem in Großstädten wie Berlin (41,3 Fälle/100.000 Einw.) und Hamburg (23,1 Fälle/100.000 Einw.). Bundesweit lag die Inzidenz 2022 bei 10,0 Fällen pro 100.000 Einwohner, deutlich über den Vorjahreswerten von 8,1 (2021) und 8,9 (2020). Männer sind mit einem Anteil von 94,4 % der Fälle wesentlich stärker betroffen als Frauen. Die Inzidenz bei Männern betrug 18,9 Fälle pro 100.000, bei Frauen nur 1,1 Fälle pro 100.000. Das mittlere Alter aller Betroffenen lag bundesweit bei 40 Jahren, bei Frauen bei 35 Jahren und bei Männern ebenfalls bei 40 Jahren. Am häufigsten betroffen sind Männer zwischen 30 und 39 Jahren (41,8 Fälle/100.000), gefolgt von den Altersgruppen 25–29 (37,6) und 40–49 Jahren (33,9). Bei Frauen zeigen sich die höchsten Inzidenzen in den Gruppen 20–24 (3,2), 25–29 (3,1) und 30–39 Jahren (2,5).

Ursachen und Risikofaktoren

Die Hauptursache für eine Syphilis-Infektion ist ungeschützter Geschlechtsverkehr mit einer infizierten Person, bei dem das Bakterium durch kleinste Verletzungen der Schleimhäute oder der Haut in den Körper gelangt. Zu den Risikofaktoren zählen ungeschützter vaginaler, analer oder oraler Geschlechtsverkehr, häufig wechselnde Sexualpartner\innen, insbesondere Sex unter Männern (MSM), eine bereits bestehende HIV-Infektion sowie vorherige sexuell übertragbare Erkrankungen wie Chlamydien oder Gonorrhoe. Rauchen und Drogenkonsum können das Immunsystem schwächen und somit die Anfälligkeit erhöhen. Auch sozioökonomische Faktoren und mangelnde Aufklärung tragen dazu bei, dass sich Syphilis weiterverbreitet.

Symptome

Syphilis verläuft in vier Stadien, die sich durch unterschiedliche Symptome bemerkbar machen können, die jedoch nicht zwingend bei allen Infizierten auftreten: Im Primärstadium bildet sich etwa drei Wochen nach der Ansteckung an der Eintrittspforte ein schmerzloses, hartes Geschwür (Ulcus durum), oft begleitet von regionalen Lymphknotenschwellungen. Im Sekundärstadium, wenige Wochen später, kommt es zu einem generalisierten Hautausschlag, häufig an Handflächen und Fußsohlen, sowie zu Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Haarausfall und weiteren grippeähnlichen Beschwerden. Das Latenzstadium kann Monate bis Jahre symptomfrei verlaufen, während im Tertiärstadium – bei fehlender Behandlung – schwere Organschäden auftreten können, darunter Herz-Kreislauf-Störungen, neurologische Ausfälle und Gummen, gutartige Tumor-ähnliche Gewebszerstörungen.

Diagnostik

Die Diagnose erfolgt primär serologisch mit einer Blutuntersuchung. In der Regel wird zunächst ein nicht-treponemaler Screeningtest wie der VDRL- oder RPR-Test (Venereal Disease Research Laboratory bzw. Rapid Plasma Reagin) durchgeführt. Ein positives Ergebnis wird anschließend durch einen treponemalen Test, beispielsweise den TPHA (Treponema pallidum Hämagglutinations-Assay) oder den FTA-Abs (Fluoreszenz-Treponemen-Antikörper-Absorptionstest), bestätigt. Letzterer weist spezifische Antikörper gegen T. pallidum nach und gilt als besonders sensitiv. Bei Verdacht auf Neurolues (Befall des zentralen Nervensystems) erfolgt zudem eine Liquoruntersuchung – eine neurologische Untersuchung, bei der Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit entnommen und im Labor analysiert wird.

Behandlung

Syphilis ist in allen Stadien gut behandelbar, vorausgesetzt, die Therapie wird frühzeitig eingeleitet. Mittel der Wahl ist Benzathin-Penicillin G, das als Depot-Injektion über mindestens zehn Tage verabreicht wird, um den Wirkspiegel ausreichend lange aufrechtzuerhalten. Bei primärer oder sekundärer Syphilis kann auch eine einmalige hoch dosierte Injektion genügen. Bei Neuro- oder Kardiolues ist eine stationäre Therapie mit intravenöser Penicillin-G-Gabe über 14 bis 21 Tage erforderlich. Penicillin-Allergiker\innen erhalten alternativ Doxycyclin über 14 Tage oder Ceftriaxon als tägliche Kurzinfusion. Nach Abschluss der Behandlung sind regelmäßige Nachkontrollen durch serologische Tests unerlässlich, um den Therapieerfolg zu sichern.

Syphilis ernst nehmen

Syphilis ist eine nach wie vor relevante sexuell übertragbare Infektion, die unbehandelt schwere Folgen haben kann, aber mit modernen Antibiotika vollständig heilbar ist. Angesichts der steigenden Fallzahlen empfehlen wir Ihnen, bei Risikoverhalten regelmäßige Tests in Anspruch zu nehmen und beim Auftreten entsprechender Symptome oder nach bekannt gewordenem Kontakt mit einer infizierten Person umgehend ärztliche Beratung aufzusuchen.

Weitere Informationen und Quellennachweis

  • Syphilis in Deutschland in den Jahren 2020–2022“ im „Epidemiologisches Bulletin“ auf der Website des Robert Koch-Institutes (abgerufen am 26. Mai 2025)
  • Symptome bei Syphilis“ auf der Website gesundheitsinformation.de der Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts (abgerufen am 27. Mai 2025)
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